Technologien spielten schon immer eine Rolle bei der Entwicklung auf der ganzen Welt. Die UNESCO definiert Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) als „vielfältige Reihe von verwendeten technologischen Werkzeugen und Ressourcen, um Informationen zu übermitteln, zu speichern, zu erstellen, zu teilen oder auszutauschen.”
Die früheste IKT war das Radio, das lange vor dem Internet Informationen selbst in die entlegensten Winkel der Welt übertrug. Auch heute noch ist es ein beliebter und wichtiger Kanal zur Informationsverbreitung.
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Richard Heeks beschreibt die Zeit vor den 1990er Jahren als das vordigitale Paradigma und stellt fest: „IKT waren zunehmend verfügbar, wurden aber zunächst vom Entwicklungs-Mainstream ignoriert.“ Ein Grund dafür war das erhebliche Ungleichgewicht beim Zugang zu neuen Technologien und die hohen Kosten in den 80er und 90er Jahren. Während einige größere Organisationen mit Managementinformationssystemen experimentierten, kam die Einführung von Personalcomputern nur langsam voran. Es gab jedoch einige frühe Entwicklungen, wie zum Beispiel das „The Pan African Development Information System (PADIS)“, ein kooperatives regionales Entwicklungsinformationssystem, gegründet im Januar 1980. PADIS erhielt in den 80er Jahren E-Mail-Verbindungen in über 10 Ländern. 1982 gründete Mike Jensen eines der ersten Online-Messaging-Systeme in Afrika, aber erst 1993 wurde afrikanischen Ländern den Zugang zum Internet durch die erste DFÜ-Verbindung der französischen Forschungsagentur ORSTOM ermöglicht.
Für David Souter könnte der Maitland-Bericht der ITU mit dem Titel „Missing Link“ als Ursprung von ICT4D angesehen werden. Der Bericht zeigte, wie der Zugang zur Telekommunikation mit dem Wirtschaftswachstum zusammenhängt, lenkte aber auch die internationale Aufmerksamkeit auf das enorme Ungleichgewicht beim Zugang zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Souter sieht die 80er Jahre auch als eine „Phase der Gleichgültigkeit“, in der IKT keine Rolle spielten.
Geoff Walsham untersuchte die ICT4D-Forschung, um ihre Anfänge zu identifizieren. Die ersten Anfänge lassen sich bis in die Mitte der 1980er Jahre zurückverfolgen, wobei erste Beweise für die ICT4D-Forschung in Form umfangreicher formeller Forschungsarbeiten in von Experten begutachteten Fachzeitschriften oder Konferenzen veröffentlicht wurden. Beispielsweise veröffentlichte die Zeitschrift Information Technology for Development (ITD) ihren ersten Band im Jahr 1986. Damals war der gebräuchliche Begriff „Informationssysteme“.
Für Walsham war eine Konferenz im Jahr 1988 in Delhi mit dem Titel „Social Implications of Information Systems in Developing Countries“ ein bedeutender Meilenstein. Am bemerkenswertesten waren die drei Hauptthemen der Konferenz, die auch heute noch äußerst relevante Themen sind:
- Die Betonung der indigenen Entwicklung (die hohe Bedeutung von lokalem Wissen und einem mehrsprachigen Internet)
- IT als nur einen Bestandteil der Veränderungsbemühungen erkennen (IKT als Mittel zum Zweck)
In Südamerika initiierte Tadao Takahashi 1989 eines der frühesten akademischen Netzwerke in Brasilien, das zu einer treibenden Kraft beim Aufbau eines Rückgrats als Grundlage des brasilianischen Internets wurde. Im Jahr 1990 wurde die Association for Progressive Communications (APC) gegründet. In den letzten Jahrzehnten war APC ein einflussreicher Akteur der Zivilgesellschaft, insbesondere im Bereich der Internet-Governance.
Quelle: [Internetology](https://www.nsrc.org/codes/bymap/ntlgy/)
Ein Durchbruch für ICT4D erfolgte mit der Erfindung des World Wide Web im Jahr 1990. Im Jahr 1993 erhielt Ägypten als eines der ersten afrikanischen Länder vollständigen Internetzugang. In den 1990er Jahren erhielten alle afrikanischen Länder vollständigen Internetzugang. Frühe Organisationen wie die Weltbank beschäftigten sich mit dem Thema, wie der Weltentwicklungsbericht von 1998 mit dem Titel „Wissen für Entwicklung“ zeigt. In dieser Zeit gründete die Weltbank auch die African Virtual University. Der Bericht unterstreicht die Bedeutung von Wissen für die Entwicklung sowie die Risiken und Chancen, die die Informationsrevolution für Entwicklungsländer mit sich bringt. Im Jahr 1996 hielt das DFID sein erstes Treffen ab, um zu diskutieren, „ob Informationstechnologie für die Entwicklung relevant ist“ (Quelle: Souter). Etwa zur gleichen Zeit wurden die ersten Organisationen mit Schwerpunkt auf IKT gegründet, beispielsweise das IICD in den Niederlanden.
Die neunziger und frühen 2000er Jahre waren geprägt von einer enormen Begeisterung für das Internet. „Diese neue Begeisterung erreichte ihren Höhepunkt beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (2003-2005), als sich die IKT-Industrie und ICT4D-Befürworter zusammenschlossen, um ihre neuen Technologien als Kernlösungen für Entwicklungsherausforderungen zu fördern.“ (Souter). Bis heute dient WSIS als wichtige Plattform für die Diskussion häufig übersehener Themen im Zusammenhang mit Internetbeteiligung, digitalen Rechten und breiteren Diskussionen über die globale Politik der digitalen Gesellschaft. Doch trotz der Begeisterung blieb der Internetzugang in diesen Jahren eine große Herausforderung, da das erste Unterseekabel Westafrika erst im Jahr 2001 mit dem globalen Internet verband.
Trotz WSIS und der Begeisterung betrachteten viele Organisationen das Internet immer noch nicht als strategisch relevant. Beispielsweise blieb die Web2fordev-Konferenz im Jahr 2007 eine Nischenveranstaltung, an der ausschließlich frühe Pioniere teilnahmen, die mit neuen digitalen Methoden für Zusammenarbeit und partizipative Innovation experimentierten. „Entwicklungsexperten außerhalb von ICT4D waren weiterhin misstrauisch gegenüber technologiebasierten ‚Lösungen‘ für tiefgreifende, komplexe menschliche, wirtschaftliche, soziale und ökologische Herausforderungen, die sie jahrzehntelang verstehen und angehen gelernt hatten“ (Souter). Allerdings haben mindestens drei Entwicklungen diese Wahrnehmung verändert:
- Das exponentielle Wachstum von Mobiltelefonen
- Die Entstehung und Verbreitung von Social-Media-Plattformen
- Die Revolution des Arabischen Frühlings, die sich auch online abspielte
Informations- und Kommunikationstechnologien für die Entwicklung (ICT4D) waren von Anfang an der vorherrschende Begriff und sind bis heute relevant, wie veröffentlichte Forschungsdokumente belegen. Der Begriff ICT4D wurde von Anfang an nur von einer Minderheit der Praktiker verwendet. Ein Grund dafür ist, dass IKT immer Mittel zum Zweck sind. In den meisten Entwicklungsprojekten wird der Einsatz von IKT nicht ausdrücklich als ICT4D gekennzeichnet. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass der Begriff ICT4D im Laufe der Zeit zumindest in Bezug auf Google-Suchanfragen an Popularität verloren hat. Stattdessen ist eine Vielzahl alternativer Begriffe entstanden, darunter unter anderem ICTD, M4D (Mobile for Development), ICT4Health, ICT4Ag, Web2ForDev und edtech. Diese Begriffe repräsentieren das vielfältige Anwendungsspektrum von Technologie in Entwicklungskontexten.
Allerdings gibt es in diesem Bereich noch viele Herausforderungen. Eine der größten Herausforderungen ist der fehlende Internetzugang. Obwohl 95 % der Menschen weltweit in einem Gebiet leben, das zumindest über mobiles Internet erreichbar ist, haben mehr als 3 Milliarden Menschen immer noch keinen Zugang zum Internet. Dieser fehlende Zugang kann die Möglichkeiten für Bildung, Beschäftigung und andere wichtige Dienste, die auf das Internet angewiesen sind, einschränken.
Positiv zu vermerken ist, dass es einen Trend gibt, dass jeden Tag mehr Menschen online gehen. Durchschnittlich waren in den letzten fünf Jahren jeden Tag 640.000 Menschen zum ersten Mal online. Das ist ein ermutigender Trend, aber bis zur Überbrückung der digitalen Kluft ist es noch ein weiter Weg.
Eine weitere Herausforderung sind die hohen Kosten für Datenraten und Smartphones, die für den Internetzugang unerlässlich sind, im Verhältnis zum Einkommen in vielen Teilen der Welt. Darüber hinaus bleibt die digitale Kompetenz ein kritisches Thema, insbesondere angesichts der Geschwindigkeit, mit der neue Technologien entstehen, und der möglichen Anwendungsfälle. Darüber hinaus gibt auch die digitale Kluft zwischen den Geschlechtern Anlass zur Sorge. Frauen haben weniger Zugang zum Internet als Männer und können wichtige Dienste wie Mobile Banking seltener nutzen.